Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Quantencomputer

Karlsruhe, Starnberg, 6. Juni 2014 – Quantencomputer nutzen als kleinste Recheneinheit sogenannte Quantenbits (Qubits)...

Zum Hintergrund: Ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zum Quantencomputer ist nach Angaben von Forschern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) mit Partnern aus Frankreich gelungen: An einem Einzelmolekül-Magneten demonstrierten die Wissenschaftler, wie sich Kernspins mit elektrischen Feldern manipulieren lassen. Die elektrische Manipulation ermöglicht ein schnelles und gezieltes Schalten von Quantenbits. Über die Ergebnisse ihrer Experimente berichten die Wissenschaftler im Magazin Science (DOI: 10.1126/science.1249802)*. Ein Computer der auf quantenmechanischen Prinzipien basiert, soll Aufgaben wesentlich effizienter lösen als ein klassischer Computer...

Während ein heute verfügbarer Rechner mit Bits arbeitet, die den Wert Null oder Eins annehmen können, nutzt ein Quantencomputer als kleinste Recheneinheit sogenannte Quantenbits, kurz Qubits, bei denen es Werte dazwischen gibt. Als Qubits eignen sich u.a. Kernspins (Eigendrehimpulse von Atomkernen); diese richten sich relativ zu einem Magnetfeld entweder nach oben (Up) oder nach unten (Down) aus.

  • Durch Verschränkung von Qubits untereinander entstehen gemischte Quantenzustände, die es ermöglichen, viele Rechenschritte parallel auszuführen.
  • Um kernspinbasierte Qubits in elektronische Schaltungen zu integrieren und dort gezielt in neuartigen Informationsprozessen anzusteuern, ist es erforderlich, Kernspins gezielt elektrisch manipulieren zu können.

Einer Gruppe von Wissenschaftlern des KIT und des Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Grenoble und Straßburg ist nun nach vorliegenden Angaben erstmals eine rein elektrische Manipulation eines einzelnen Kernspins gelungen.

Zitat: „Der Einsatz von elektrischen anstelle von magnetischen Feldern bereitet den Weg zur Adressierung von Kernspinquantenzuständen in herkömmlichen elektronischen Schaltkreisen“, erklärt Professor Mario Ruben, Leiter der Forschungsgruppe Molekulare Materialien am Institut für Nanotechnologie (INT) des KIT. Die gezielte Manipulation von Quantenzuständen kann dort durch sogenannte Verschiebungsströme erfolgen und anschließend direkt elektronisch ausgelesen werden.“

Quelle Abb. 1: C. Grupe, KIT, Juni 2014

Für die Experimente setzten die Forscher einen Kernspin-Qubit-Transistor ein, bestehend aus einem Einzelmolekül-Magneten, der mit drei Elektroden (Source, Drain und Gate) verbunden ist.

  • Bei dem Einzelmolekül-Magnet handelt es sich um ein TbPc2-Molekül – ein einzelnes Metallion aus Terbium, umhüllt von organischen Phthalocyanin-Molekülen aus Kohlenstoff-, Stickstoff- und Wasserstoffatomen, wobei die organischen Liganden eine leitende Brücke zwischen Elektroden einerseits und dem Kernspin andererseits aufspannen. Diese Brücke wird physikalisch vom sogenannten Hyperfein-Stark-Effekt geschlagen, der das elektrische Feld in ein lokales magnetisches Feld transformiert.
  • Dieser quantenmechanische Prozess lässt sich auf alle Kernspinsysteme übertragen und eröffnet somit generell neuartige Perspektiven, die Quanteneffekte in elektronische Schaltkreise zu integrieren.

*Quelle: Stefan Thiele, Franck Balestro, Rafik Ballou, Svetlana Klyatskaya, Mario Ruben, Wolfgang Wernsdorfer: Electrically driven nuclear spin resonance in single-molecule magnets. Science 6 June 2014, Vol. 344, # 6188. DOI: 10.1126/science.1249802

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